„Freude am Herrn“ - Zwischen christlichem Rock und inniger Andacht
Bamberger Gruppe beim Jugendtreffen der Erzdiözese Stettin-Kamien in Gryfice
„Maranatha“ – Komm, unser Herr, schmettert die Band, die aus lauter Priestern in Zivilkleidung besteht, geradezu wütend zu den rockigen Rhythmen, und man muss fasst ein bisschen aufpassen, zwischen den pogotanzenden Jugendlichen und Priestern nicht ins Fallen zu geraten. Nur wenige Stunden und, je nach Tag, einen Kreuzweg oder eine Lichterprozession durch die Stadt später, und man sitzt miteinander in inniger Versunkenheit in der Kirche, eine gefühlvolle einstündige eucharistische Lobpreis-Andacht feiernd.
Zwischen diesen beiden Ausdrucksformen und in vielen weiteren Aspekten ihres Glaubens entfaltet sich die Spiritualität der mehr als 1000 polnischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich zum jährlichen Jugendtreffen der Erzdiözese Stettin-Kamien in Gryfice vom 30. April bis zum 3. Mai versammelt haben. Mit dabei sind, wie seit vielen Jahren, auch 18 Jugendliche aus der Erzdiözese Bamberg, sie stammen aus Ebermannstadt, Erlangen, Buckenhofen oder Stadtsteinach. Beide Diözesen verbindet nicht nur die lange Verehrung des Heiligen Otto, sondern auch eine gewachsene Freundschaft. Der Jugendseelsorgers der Burg Feuerstein, Alexander Bothe, leitet gemeinsam mit der Ebermannstädter Bildungsreferentin Cornelia Sperber die Fahrt.
Bei der Begrüßung nach dem zentralen Eröffnungsgottesdienst singen die Bamberger auf der Bühne das Lied „So ist Versöhnung“. Als Alexander Bothe über Versöhnung als Grundlage von Freundschaft zwischen den Nationen, zwischen den Menschen wie zwischen dem Einzelnen und Gott spricht, jubeln die Jugendlichen, der Stettiner Erzbischof Andrzej Dziega applaudiert und umarmt die Bamberger. In den Tagen danach wird die deutsche Gruppe in ihrer eigenen Sprache immer wieder gerade von vielen älteren Polen gerührt auf diese begeisternde Visitenkarte angesprochen.
Die Bamberger sind fasziniert, auf welch unterschiedliche Arten sich die „Freude am Herrn“, so das Motto des Jugendtreffens, Ausdruck verleiht. Markus Rödel ist durch die Gespräche mit den polnischen Freunden und seine Erfahrungen schon bei früheren Jugendtreffen beeindruckt davon, wie intensiv und selbstverständlich das polnische Glaubensleben insgesamt das Moderne sucht, dabei aber seine Traditionen nicht vergisst. Auch bei diesem Jugendtreffen wird täglich miteinander die Heilige Messe, mit Mundkommunion, gefeiert, das Bußsakrament wird parallel an unterschiedlichen Plätzen ganz öffentlich sichtbar, wenn auch für die Umstehenden unhörbar, mitten in der Kirche gespendet. Ungewöhnlich ist für die Bamberger Gruppe wie für deren senegalesischen Gast, Nicolas Paul Faye, aber auch, dass mitten in der Freude der Osterzeit der Kreuzweg in so intensiver Auseinandersetzung mit der Schuldhaftigkeit des eigenen Lebens in den Mittelpunkt gerückt wird.
Doch trotzdem, die Schwierigkeiten auch in Polen, der Säkularisierung der Gesellschaft ein entschiedenes Zeugnis für Gott entgegen zu setzen, Jugendliche in der Begeisterung für ihren Glauben zu halten, sind in Gryfice erlebbar; die Zahl der polnischen Teilnehmer des Jugendtreffens ist geringer geworden. „Man spürt aber trotzdem noch immer etwas davon, dass Kirche und Glauben im Alltagsleben oft noch selbstverständlicher sind.“ Johannes Roppelt nimmt das als positive Erfahrung mit. In seiner Fürbitte, die er für die Bamberger Gruppe in der großen Abschlussmesse auf dem Marktplatz von Gryfice vorbringt, verbindet er diese Wertschätzung mit der Hoffnung, dass die Kirche als Ganze auch in Zukunft immer weiter zu einem Ort erwachse, der vielen Gott suchenden Menschen Offenheit anbiete, der unterschiedliche und vielfältige Ausdrucksformen des Glaubens anerkenne und Heimat für den Glauben sein könne.
Auch die innige Verehrung, die Papst Johannes Paul II. zuteil wird, prägt das Treffen. An vielen Orten ist sein Bild aufgestellt, die ganze Stadt zieren Fahnen mit seinem Papstwappen. Teile der Ansprachen vom Weltjugendtreffen 1991 in Tschenstochau werden bei der Schlussprozession durch die Stadt über Lautsprecher wiedergegeben und meditiert. Theologische Fragen wie etwa das Verhältnis von Kultur und Natur werden dabei hin zu pastoralen Überlegungen konkretisiert und schließlich in alltagslebenstaugliche Positionen weitergeführt: Die Gestaltungsfähigkeit der Welt als Geschenk Gottes, der Wert von Ausbildung werden hervorgehoben, die Abgrenzung von einer reinen Spaßkultur, das klare und offene Bekenntnis zu Jesus Christus werden gefordert. Zwischen Nachdenklichkeit und Fröhlichkeit wechseln dabei die polnischen Jugendlichen hin und her.
Bekanntschaften mit den deutschen Jugendlichen werden geschlossen, gemeinsam wird später mit Gitarre „gejamt“. Besonders die polnischen Betreuer der deutschen Gruppe, die sich in ihrer Gastfreundschaft schwer übertreffen lassen, freuen sich über den Austausch mit den deutschen Jugendlichen. Sie genießen die von den Bambergern gestalteten gemeinsamen Nachtimpulse oder die Morgenandachten, ehe man gemeinsam aufbricht, um den Tag in Workshops zu verbringen oder auch mal einen Abstecher in das schöne Stettin und zur eiskalten und windigen Ostsee zu machen.
Susanne Schirner war auch schon mehrmals bei diesem Treffen dabei, sie ist immer wieder berührt von der polnisch-deutschen Freundschaft und dem miteinander geteilten Glauben. Der gute Kontakt mit einer polnischen Freundin, die sie beim Jugendtreffen kennenlernte, liegt ihr am Herzen. Vielleicht will sie nach ihrer Schulzeit ihr Polnisch weiter vertiefen.
Am Sonntag nach ihrer Heimkehr gestaltet die Bamberger Gruppe einen Gottesdienst auf Burg Feuerstein, ihr Thema prägt die Lieder, Gebete und Glaubenszeugnisse und berührt auch die übrige Gemeinde: „Freude am Herrn“.