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Komm, Schöpfer Geist ...

Pfingsten 2014
Datum:
Veröffentlicht: 11.6.14
Von:
Katja Erlwein

Pfingsten 2014 im Jugendhaus Burg Feuerstein

Im Strudel der Süchte - Musik, Pyrotechnik und die Bibel: Spektakuläres Feuerwerk zu Pfingsten auf der Burg Feuerstein mit der Botschaft: Wer abstürzt kann auch wieder aufstehen ...

Im Strudel der Süchte

Musik, Pyrotechnik und die Bibel: Spektakuläres Feuerwerk zu Pfingsten auf der Burg Feuerstein mit der Botschaft: Wer abstürzt kann auch wieder aufstehen.

Burg Feuerstein. Mark und Bein erschütternde Klänge, Bombenschläge, Feuersbrunst – minutenlang. Gleißendes Licht fällt auf Gemälde von Süchten und Größenwahn: Alkohol, Korruption, Gewalt, Gier, Spielsucht, Sexismus, Rechts- und Linksradikalismus. Dann durchbricht Stille den Lärm: Gitarrenklänge, ruhiger Beat, eine eindringliche Stimme, Rap: „Ganz egal, was geschieht: Mach das Beste draus. Denn es wird nicht besser, wenn du nicht selbst dran glaubst.“ Was sich wie ein Schreckensszenario anhört, beeindruckte hunderte Besucher auf Burg Feuerstein am Pfingstsamstag: Ein „Feuer-Kunst-Werk“ übertrug die biblische Geschichte des Turmbau zu Babel ins Heute – inszeniert mit Musik, Pyrotechnik und Texten.

Rückblick: Ein Mann mit kariertem Hemd, Jeans und „I live Pyro“-Cap prüft die letz-ten Vorbereitungen. Er sieht aus wie einer von der „Innovativen Pyrotechnik Böblin-gen“, die rund um den zehn Meter hohen Turm mit überdimensionalen Sucht-Bildern und -Symbolen steht. Aber er ist katholischer Priester, genauer: Gefängnisseelsorger. Abrupt bleibt er stehen, legt einem jugendlichen Strafgefangenen den Arm auf die Schulter, spricht mit ihm, lacht mit ihm. „Die Achse ‚Jugendhaus-Jugendknast‘ ist Teil der Jugendseelsorge“, sagt Lyer. Man merkt, dass er den Menschen nicht auf seine Tat reduziert, sondern ihn als Geschöpf Gottes begegnet und mit Würde behandelt. Lyer erklärt: Kirche müsse an die Ränder der Gesellschaft gehen, wie es der ehemalige Jugendpfarrer Jupp Schneider und der jetzige Papst Franziskus fordern.

Das versucht auch das Projekt „Kunst und Knast“, das der seit 1996 als Seelsorger in der Justizvollzuganstalt Ebrach (JVA) Tätige vor einigen Jahren initiierte. Ein Teil davon ist das „Pfingstfeuer“. Unter der Leitung von Lyer, Kunstpädagogin Michaela Schwarzmann, Religionspädagoge Horst Engelhardt und Clemens Muth, Mitarbeiter beim Projekt „Kunst und Knast“, arbeiteten 15 Strafgefangene der JVA und zehn Studierende der Caritas-Fachakademie für Sozialpädagogik Bamberg ein halbes Jahr lang mit Bildern und Symbolen, die die Hybris des Menschen nach dem „Immer noch mehr“ und dem „Sein wollen wie Gott“ darstellen.

„Menschen, die im Leben scheitern, haben ein Recht, gehört zu werden“, so Lyer. Bei all den Süchten brauche es „mehr als nur Therapie“, nämlich „Menschen, die ermutigen: ‚Du kommst da raus!‘“, gute Erfahrungen in Beziehungen, Arbeit, Gemeinschaft und kirchlicher Jugendarbeit. „Die biblische Botschaft will den Menschen verändern“, betont Lyer. Sie wolle zeigen: „Du hast es doch drauf!“

„Wovon lebt der Mensch wirklich?“ sei die Pointe der Erzählung des Turmbaus zu Babel. „Da hat die Kirche eine Antwort: Gott will mit ihnen das Leben leben.“

Eine Antwort aus dem Glauben, die Diözesanjugendpfarrer Detlef Pötzl und Diakon Burkard Farrenkopf im Gottesdienst zuvor thematisieren. Mit dem Beistand des Heiligen Geistes lassen sich Türen öffnen, weiß Pötzl. „Die Vision, die wir brauchen, ist Jesus Christus, der zusagt, bei uns zu sein.“ Burkhard Farrenkopf betont: Der Heilige Geist muntere auf, stärke, bewege, stifte Frieden. Wie er uns begegne, wüssten wir nicht. Das Pfingstfeuer ermögliche, sich mit seinem Leben auseinanderzusetzen und mit Gott – für Besucher wie Erarbeiter.

„Es ist nicht nur Kunstarbeit. Die Menschen kommen dabei ins Gespräch und betreiben Reflexion: Sie denken über ihr Leben nach“, erklärt Stefan Hoffmann, der die Audiotechnik mischte und Texte und selbstgeschriebenen Rap aufnahm. Man könne „die Kraft der Kunst nutzen, um bei den Menschen etwas anzustoßen.“ Alle hätten Perspektiven gewonnen und ihren Blick aufs Leben erneuert.

Am Samstag vor Pfingsten verfolgen die „jungen Männer von drinnen und die jungen Frauen von draußen“ (Hoffmann) gemeinsam das große Pyrotechnik-Spektakel mit klassischer Musik. Mitten darin steckt ihre Kritik und Selbstkritik in Farben, Holz, Alufolie als Spritze, Messer, Schlagring. Und Markus‘ eindringliche Stimme rappt: „Ganz egal, was geschieht: Mach das Beste draus. Denn es wird nicht besser, wenn du nicht selbst dran glaubst.“ Es scheint, als wirke der Heilige Geist mitten unter ihnen, der Abgestürzte wieder auferstehen lässt – Ostern an Pfingsten.

Philipp Fischer (-paf-)