Vielfalt integrativ
Integration im Jugendhaus Burg Feuerstein - Das Miteinander als Ziel
Die integrative Jugendbildungsarbeit im Jugendhaus Burg Feuerstein hat eine lange Geschichte. Schon Mitte der 1980er Jahre gab es erste Initiativen für Kursangebote für Menschen mit und ohne Behinderung. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brachten ihre Erfahrungen aus der offenen Behindertenarbeit in Forchheim und aus dem Zivildienst in Einrichtungen der Behindertenarbeit in die Planung der Kurse mit ein. Dies führte zu ersten „integrativen“ Angeboten für Menschen mit und ohne Behinderung auf Burg Feuerstein.
Neben Kursen während der Kar- und Ostertage und den Weihnachtskursen, die einige Jahre durchgeführt wurden, kam die Idee eines integrativen Zeltlagers auf. Hier sollte es eine Besonderheit sein, sich so weit als möglich selbst zu versorgen. Das beinhaltete unter anderem auch das Erstellen eines Speiseplans, gemeinsames Einkaufen und Zubereiten der Mahlzeiten sowie Putzen und Abspülen. Neben der Natur und dem Gelände gab es als Highlights erlebnispädagogische Aktionen wie Floßfahrten, Höhlentouren und Schwimmbadbesuche.
Die Frage nach der Barrierefreiheit im Haus und auf dem Gelände, nach einer Ausbildung oder besonderen Fachkenntnissen der Betreuerinnen und Betreuer als Voraussetzung stellte sich bei all diesen Angeboten nicht. Vielmehr waren die persönlichen Erlebnisse und Kontakte zu den Menschen mit Behinderung die Basis für Begegnung und den Wunsch nach Miteinander. Das Überwinden von Treppen für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer wurde ganz praktisch durch gemeinsames Tragen gelöst. Eine besondere sanitäre Ausstattung war baulich nicht vorhanden und musste erst noch entstehen. Im Mittelpunkt standen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Menschen mit und ohne Behinderung. Schwerpunkte der meist fünftägigen Veranstaltungen waren das gemeinsame Tun, das Miteinander und das Lernen mit- und voneinander.
Ein weiterer wichtiger Impuls kam von Ehrenamtlichen, die in Würzburg Sonderschulpädagogik studierten und teilweise über Jahre selbst an Kursen des Jugendhauses teilgenommen oder sie geleitet hatten. 1999 startete so das Angebot der „Integrativen Pfingstferienkurse“. Die Idee war es, mit einem Leitungsteam aus ehrenamtlichen und hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Burg sowie interessierten Praktikantinnen und Praktikanten ein Kursangebot für Kinder von neun bis 15 Jahren mit und ohne Behinderung anzubieten. Die Ehrenamtlichen sowie Praktikantinnen und Praktikanten wurden und werden mit Schulungen auf die Durchführung dieser Kurse vorbereitet. Bei der Programmplanung wird bis heute darauf geachtet, dass eine Mitgestaltung für alle möglich ist. So gab es in manchen Jahren bis zu vier Kurse für Kinder und Jugendliche im Alter von neun bis 15 Jahren, zudem das inzwischen auch einwöchige „Miteinander Zelten“ für Jugendliche und junge Erwachsene ab 16 Jahren.
Die „Integrativen Pfingstferienkurse“ werden seit über zehn Jahren in Kooperation mit dem Jugendamt der Erzdiözese durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass neben den nicht behinderten Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch Ehrenamtliche, Hauptberufliche sowie Praktikantinnen und Praktikanten durch die guten Rahmenbedingungen positive Erfahrungen machen konnten und das Jugendhaus Burg Feuerstein so zu einem Lernort für viele geworden ist.
Neben diesen „Klassikern“ gab es immer wieder auch andere Kursangebote: Reitkurse für Anfängerinnen und Anfänger und Fortgeschrittene oder Ferienkurse für Hörende, Rest- und Schwerhörende in Kooperation mit der Gehörlosenseelsorge des Erzbistums Bamberg. Zuletzt wurde das musikalische Angebot „All inclusive“ zusammen mit Referenten der Werkstatt Neues Geistliches Lied des Erzbistums in die Reihe der integrativen Möglichkeiten aufgenommen.
Des Weiteren gibt es für Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, auf der Burg ein Praktikum zu machen. In der Umsetzung des Leitbildes ist es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wichtig, dass auch Menschen mit Behinderung unbefristet angestellt werden. Für das jahrzehntelange Engagement in diesem Bereich erhielt die Burg 2014 den Preis „JobErfolg - Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz“, der im Bayerischen Landtag übergeben wurde. Auch bei baulichen Arbeiten, bei Renovierungen und Sanierungen werden die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrerinnen und –fahrern in den Blick genommen.
Viele der integrativen Angebote, aber auch Veranstaltungen, bei denen einzelne Menschen mit Behinderung teilnehmen, machen einen hohen Betreuerschlüssel und eine „Rund-um-die-Uhr-Präsenz“ notwendig. Nur durch den besonderen Betreuungs-, Pflege- und Bereitschaftsaufwand kann gewährleistet werden, dass sich pädagogische Ziele und damit auch das Leitbild des Jugendhauses umsetzen lassen. So bleibt das Fazit: Nicht alles ist für jeden jederzeit möglich – aber man kann es auf den gemeinsamen Weg bringen.
Text: Joannis Platis (Bildungsreferent Jugendhaus Burg Feuerstein)