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Geschichte 

Feuersteiner Fastentuch in der Oberkirche

Da gingen uns die Augen auf

Idee und Entstehungsgeschichte des Feuersteiner Fastentuchs

Die Idee, ein Fastentuch für die Oberkirche von Burg Feuerstein zu gestalten, entstand im Rahmen des Ehrenamtlichenausfluges 2011. Auf den Spuren der Via Sacra im Dreiländereck Deutschland, Polen und Tschechien, einer alten Kulturregion, besichtigten wir das Zittauer Fastentuch aus dem Jahre 1472. In 90 Bildern werden dem Betrachter Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament vorgestellt. Beeindruckt von der Geschichte und der Ausstrahlung des Tuches gingen uns die Augen auf für die Bedeutung einer Tradition, die auf der Burg Feuerstein noch lebendig ist. Hier entstand die Idee, ein Fastentuch für die Oberkirche von Burg Feuerstein zu gestalten.

Seit Bestehen der Feuersteinkirche wird die alte Tradition der Fastentücher gepflegt. Am Gründonnerstag nach der Abendmahlsliturgie wird die Konche, der Altarraum in der Oberkirche „Verklärung Christi“, mit einem schwarzen Tuch verhängt. Faszinierender Weise knüpft die Tradition am Feuerstein an der ganz frühen mittelalterlichen Tradition der einfarbigen Tücher an, jedoch nicht mit der Intention des Verzichts auf die Eucharistie. Das schwarze Tuch symbolisiert wohl eher die Abwesenheit Gottes in der Welt, den Tod Jesu und die Todesnacht des Menschen und setzt damit einen visuellen Kontrapunkt zu der strahlend weißen Konche der Oberkirche, die das Ereignis der „Verklärung Christi“ architektonisch vergegenwärtigt. Vor der Auferstehungsfeier wird das Tuch wieder entfernt.

In der vorösterlichen Fastenzeit 2012 begannen die ersten Arbeiten für das Feuersteiner Fastentuch. Im Rahmen eines Workshops mit interessierten Jugendlichen, Ehrenamtlichen und Gemeindemitgliedern wurde zunächst die Konzeption entwickelt.

Klar war, dass das Tuch die gesamte Konche abdecken soll. Die Struktur des Tuches soll sich der Struktur der Fensterwand rund um die Konche anpassen. Daher haben die einzelnen Bilder die gleiche Größe wie die einzelnen Fensterelemente der Oberkirche.

Daraus ergibt sich ein treppenartiges Erscheinungsbild, das von einer zentralen Doppelreihe mit 14 Bildern ausgeht, um in 6 weiteren Stufen jeweils rechts und links nach außen auszulaufen.

Die Zusammensetzung des Workshops beschreibt schon ein weiteres wesentliches Charakteristikum des Feuersteiner Fastentuches. An der Gestaltung des Tuches sollten möglichst viele Jugendliche und Aktive der Feuersteingemeinde beteiligt werden. Auf diese Weise sollte es Ausdruck jugendlicher Spiritualität sein. Dieses Anliegen konnten wir von Anfang an umsetzen.

In diesem ersten Workshop entstand die Idee, dass im Zentrum des Tuches die Erfahrungen dargestellt sein sollen, die Jugendlich im Jugendhaus Burg Feuerstein machen können und die ihnen kostbar sind. In einem Brainstorming wurden alle Erfahrungen gesammelt und anschließend zu 14 Themenfeldern zusammengefasst. Alle Begriffe, die in dieser Sammelphase zusammengetragen wurden, finden sich in den beiden Schriftleisten wieder, welche die 14 Themenfelder einrahmen. Die Begriffe sind in der mittelalterlichen Frakturschrift geschrieben. Damit knüpfen wir an den Entstehungszeitraum der Fastentücher an. Die Bilder, die sich rechts und links neben den Themenfeldern in Reihe anschließen, beziehen sich auf Textstellen aus der Bibel, die einen biblischen Bezug zum jeweiligen Themenfeld herstellen und auf diese Weise den theologischen Kontext bilden, in dem die einzelnen Künstlerinnen und Künstler ihre Erfahrungen verorten. Das Tuch ist ein Glaubenszeugnis, Ausdruck des eigenen spirituellen Selbstverständnisses und Glaubensbekenntnis zugleich. Es ist die Besinnung auf das, was wesentlich ist für ein gelingendes Leben, und insofern trifft es die Intention der alten Fastentücher, die den Menschen vor Augen führen wollten, worauf es eigentlich ankommt.

So betrachtet, ist das Tuch nicht nur ein Dokument wertvoller Erfahrungen und Ausdruck eines konziliaren Prozesses, sondern zugleich Auftrag und Konzept für die Seelsorge auf Burg Feuerstein.

Text: Gabi Kaulen